Über Geld reden demotiviert Mitarbeiter

Es gibt viele Aspekte, die sich motivierend und demotivierend auf Mitarbeiter auswirken. Geld gehört dazu und ist auch einer der wichtigsten Hebel, um Menschen zu motivieren. Aber Geld ist nicht alles, oft geht es viel mehr um Selbstverwirklichung, spannende Aufgaben, Erfolg. Aus persönlicher Erfahrung heraus kann ich sagen, dass das Reden über das Gehalt oder Boni unabhängig von der Höhe dazu geführt hat, dass man seine Arbeit und seine Leistungsbereitschaft dem Gehalt, dem finanziellen Anreiz gegenüber gestellt hat. Selten war ich in dieser Zeit so motiviert, wie zu den Zeiten, in denen man nicht über solche Dinge nachgedacht hat. Bisher dachte ich immer, dass es nur mir so ginge, bis ich ein Buch von Dan Ariely gelesen habe: Predictably Irrational: The Hidden Forces That Shape Our Decisions.

Wie Dan Ariely in Experimenten nachgewiesen hat, führt schon das Denken an Geld dazu, dass man seine Tätigkeit in diesem Kontext wertet. Ariely spricht von „market norm“ und „social norm“, was ich hier frei mit Marktgesetze und Soziale Norm übersetze. Die Experimente legen nahe, dass man sich meist in einem Umfeld bewegt, wo soziale Normen greifen, wo das Miteinander die dominierende Rolle spielt. In so einem Umfeld befindet man sich auch die größte Zeit wenn man seiner Arbeit nachgeht. Man vergisst einfach, dass es jeden Tag darum geht, Geld zu verdienen, man verfolgt Ziele, trifft Entscheidungen, möchte mit der eigenen Aufgabe vorankommen. Wenn man in so einem Umfeld auf das Thema Geld zu sprechen kommt, betrachtet man die Situation plötzlich unter Gesichtspunkten, die den Markgesetzen folgen. Es macht einen großen Unterschied, ob man die Hilfe eines Freundes in Anspruch nimmt und sich bedankt, oder ob man ihm dann Geld dafür anbietet.

Das Thema ist nicht komplex aber durchaus vielschichtig und unerwartet. Eine für mich besonders interessante Stelle betraf ein Experiment, wo es darum ging, die Reihenfolge von Wörtern in Sätzen zu korrigieren. Bei den Probanden, wo es in den Sätzen um Gehalt und Geld ging, war die Anzahl der korrigierten Sätze sehr viel geringer, als bei den Probanden mit neutralen Texten. Wenn aber schon dieser Unterschied erhebliche Auswirkungen auf die Leistungsbereitschaft (und hier nicht die Fähigkeit) hat, dann muss ein Gehaltsgespräch noch viel größere Auswirkungen haben. Auch die Situation, in der Mitarbeiter mit ihrem Gehalt unzufrieden sind und immer wieder zum Nachdenken angeregt werden, muss das erheblichen Einfluss auf die Leistungsbereitschaft haben.

Vielleicht stellt sich die Entlohnung von Mitarbeitern, das Durchführen von Gehaltsverhandlungen und die Notwendigkeit für anspruchsvolle Aufgaben in einem verantwortungsvollem Umfeld in einem anderen Licht da. Möglicherweise schadet man sich selbst, wenn man Mitarbeitern nicht genug Gehalt gibt, so dass sich nicht mehr darüber nachdenken. Eins ist sicher: zufriedene Mitarbeiter zahlen sich aus.

Geld ist nicht alles

Eine sehr schöne Infografik über Motivation und Demotivation von Mitarbeitern.

Überstunden

Es ist so viel zu tun. Mit diesem Satz fängt es oft an und man findet sich relativ schnell in einer Situation wieder, in der man seinem sozialen Umfeld erklären muss, warum man später nach Hause kommt oder Termine absagen muss. Auch wenn es gesellschaftlich akzeptiert scheint, dass es unter Umständen notwendig ist, Überstunden zu leisten, stört es doch recht oft den sozialen Frieden und führt daher mitunter zu offen zur Schau gestelltem Unverständnis. Dabei sind Überstunden noch nicht mal eine gute Antwort auf das Problem.

Problem der Effizienz

Studien der letzten hundert Jahre bestätigen, dass Arbeitszeiten von mehr als 40 Stunden pro Woche dazu führen, dass man auf längere Sicht schlechtere Ergebnisse erreicht, als wenn man die Arbeitszeit auf 40 Stunden begrenzt hätte. Eine sehr schöne Zusammenfassung zu diesem Thema findet man im Artikel Why Chrunch Mode Doesn’t Work. Das bedeutet, dass man durch Überstunden die eigene Leistungsfähigkeit auf längere Sicht soweit einschränkt, dass man trotz Überstunden weniger erreicht, als man innerhalb der normalen Arbeitszeit geschafft hätte. Wenn man auf die schon hohe Belastung mit Überstunden reagiert, dann verschärft sich das Problem nach einiger Zeit zusätzlich. Auch wenn man es bisher vielleicht nicht unter diesem Gesichtspunkt betrachtet hat, sollte man einen sehr oft zu beobachtenden Effekt mal hinterfragen: Die Anzahl der Überstunden erhöhen sich oft erheblich, wenn man erstmal aus einem Leidensdruck heraus mit Überstunden angefangen hat. Man bemerkt, dass man immer noch nicht so schnell vorankommt, wie erhofft und versucht mehr vom selben. Willkommen im Teufelskreis.

Lösungen

Dilbert.com
Um sich mit den Lösungen zu beschäftigen, muss man erst die Ursache genau definieren. Wie Studien belegen, liegt es nicht daran, dass man zu wenig Zeit für die Arbeiten aufwendet. Mehr als 40-Stunden sollte man langfristig nicht arbeiten. Also muss die Ursache irgendwo beim Umfang und der Anzahl der zu bewältigenden Aufgaben liegen. Die normale Reaktion auf den Wunsch der Anpassung eines oder beider Einflussgrößen der eigenen Arbeit ist oft die Aussage: das geht nicht, das ist alles sehr wichtig. Doch der Reihe nach.

Der Umfang der Aufgaben

Vielleicht sind Sie ja zu langsam?

Das wäre natürlich ein Problem, wenn Sie wissen, dass andere mit der Erledigung der selben Aufgabe wesentlich schneller wären, als Sie es sind. Das kompensieren Sie durch Überstunden. Das wird nicht lange funktionieren, denn wie bereits erwähnt, verschlimmert sich die Situation mit jeder Überstunde zunehmend. Interessanterweise werden Menschen, die Überstunden leisten von ihren Vorgesetzten meist als besonders eifrig angesehen und hinterlassen einen positiven Eindruck bei soviel Leistungsbereitschaft. Wenn man sich bewusst macht, dass aus wirtschaftlicher Sicht mit hoher Wahrscheinlichkeit weniger herauskommt, als bei den Kollegen, die ihre Arbeit in 40 Stunden schaffen, stellt sich diese Situation ganz anders dar. Solange alles irgendwie läuft, ist das Risiko begrenzt. Aber wenn die Ziele dann trotzdem nicht erreicht werden (und durch die Überstunden trägt man ja dazu bei, dass es eher schwieriger wird), dann wird die eigene Arbeit natürlich in Frage gestellt. Die Antwort fällt dann meist in die selbe Richtung aus: Überstunden bis zum Burn-Out. Wenn Sie also etwas dafür tun können, dass sie die Aufgaben schneller bewältigen können, sollten Sie das angehen.

Vielleicht sind Sie ja schnell genug, aber für ihren Chef dauert das „Alles“ noch viel zu lange?

Je weniger man von einem Thema versteht, desto schwieriger kann man die Situation einschätzen. Oft ist für einen Außenstehenden nicht nachvollziehbar, was z.B. hohe Aufwände verursacht oder besonders viel Zeit kostet. Dann zieht man sich auf die Aufgabenbeschreibung zurück und kann nicht nachvollziehen, wieso etwas nicht 1 Stunde sondern viel eher eine Woche dauert. Wenn man dann nachvollziehbar erklären kann, welche Aufwandstreiber sich hinter den verschiedenen Teilaufgaben verstecken, kann man mit etwas Glück für mehr Transparenz und Verständnis sorgen. Positiver Nebeneffekt: man entscheidet sich vielleicht dafür, bestimmte Dinge wegzulassen. Auf diese Weise kann man (zwar etwas verspätet, denn man sollte das bereits vermeiden, wenn man eine Aufgabe annimmt) Missverständnisse ausräumen.

Alles ist wichtig

Aber meist liegt das Problem an ganz anderer Stelle: Das es viel zu tun gibt, ist ihrem Vorgesetzten durchaus bewusst, aber an der Situation kann er leider nichts ändern.

Mir persönlich ist es passiert und ich kenne genügend Schilderungen, die alle ein sehr ähnliches Muster haben: Man bekommt eine Aufgabenliste, auf der verschiedene Punkte festgehalten wurden und bei allen Punkten wurde ein „sehr wichtig“ angefügt. Das kann natürlich nicht funktionieren, was vermutlich meist auch dem Vorgesetzten bewusst ist. Aus dem Irrtum heraus, dass Überstunden dieses Problem lösen würde, wird dann oft auch erwartet, dass man diese Lastspitze mit Mehrarbeit abfängt. Das Problem dabei ist nicht die Lastspitze, sondern dass man besser das Wort Lastplateau benutzen sollte. Die fehlende Priorisierung schlägt sich zusätzlich oft auch derart nieder, dass sich die Dringlichkeiten für die verschiedenen Themen spontan ändern können. Was gestern noch unwichtig war, ist heute das wichtigste Projekt. So gesellt sich zur latenten Überlastung des Mitarbeiters auch noch der zweitgrößte Effizienzvernichter: fragmentiertes Arbeiten.

Die Antwort auf dieses Problem ist meist so schmerzhaft, dass man oft versucht, sich um diese Entscheidung herumzudrücken: Priorisierung und Weglassen.

Der Tag hat nur 24 Stunden, davon sollte man unter der Woche nur 8 arbeiten. Dinge brauchen Zeit und man hat nur einen Kopf und zwei Hände. Arbeiten Sie zufällig im Zirkus, können Sie vielleicht 3,4,5, ach 8 Bälle gleichzeitig in der Luft halten. Aber es wird schon sehr viel schwieriger, wenn es keine Bälle, sondern ein Stein, ein Stuhl, eine Giraffe und ein Pudding ist. Da die Aufgabe nicht darin besteht, so viele Themen wie möglich in der Luft zu halten, bedarf es einer Priorisierung, damit man weiß, worauf man seine ganze Energie konzentrieren muss. Das bedeutet auch, dass man eine Entscheidung treffen muss, welches das unwichtigste Thema ist, in das dann sehr lange keine Energie gesteckt wird. Und es ist nicht selten der Fall, das Themen im Laufe der Zeit so stark an Bedeutung verlieren, dass man sie nie angehen und damit nie fertigstellen wird. Da wäre es doch Verschwendung, wenn man  auch nur etwas Aufwand, etwas Energie und Zeit diesem Thema widmet.

Wenn ich es nicht mache, dann wird es nicht richtig.

Manchmal stellt man sich aber auch selbst ein Bein. Man könnte Aufgaben delegieren, ist aber der festen Überzeugung, dass es dann nicht richtig gemacht wird und man dann im Zweifel mehr Arbeit damit hat, die „Fehler“ wieder auszubügeln. Dann macht man es doch lieber selbst. Richtig?

Dafür kann es zwei Gründe geben. Der Kollege, der diese Augabe übernehmen sollte, ist dazu nicht in der Lage oder (viel wahrscheinlicher) ist nicht von Anfang an genauso gut und sorgfältig wie man selbst. Doch wie soll sich jemand entwickeln, der nie die Möglichkeit dazu bekommt? Die Überraschung wird groß sein, wenn man feststellt, dass da jemand an den Herausforderungen wächst. Man wird sich nachträglich über jede Stunde ärgern, die man dadurch verloren hat, das man nicht den „Mut“ bewiesen hat, Dinge aus der Hand zu geben und in Andere vertraut zu haben. Wenn man schon  die Möglichkeit hat, Aufgaben delegieren zu können, ist es ungeschickt, davon keinen Gebrauch zu machen.

Fazit

Überstunden lösen keine sondern schaffen Probleme. Wem seine Gesundheit, seine Familie und sein Job am Herzen liegt, sollte dafür sorgen, dass er so gut wie möglich zu jeder Zeit das Richtige macht. Das bedeutet, dass man manchmal überzeugen muss. Aber mit der richtigen Argumentation sollte das gelingen.